Suiciders – Kampf ums Überleben 1 (Panini Comics)

Lee Bermejo zeichnet und schreibt, der Captain liest. Die Liebe ist groß, der Sex ist gut, doch kommt es zur Hochzeit?

(©Vertigo, erschienen bei Panini Comics)
(©Vertigo, erschienen bei Panini Comics)

Titel: Suiciders – Kampf ums Überleben
Format:
Softcover
Verlag:
Panini Comics
Erschienen:
22.03.2016
Autor:
Lee Bermejo
Zeichner:
Lee Bermejo
Farben: Matt Hollingsworth
Seiten:
164
Preis:
19,99 €
Inhalt: US Suiciders 1-6

Handlung:
Los Angeles wird Opfer eines gigantischen Bebens, das die Stadt in Schutt und Asche legt. Überlebt haben diese Katastrophe nur die Starken und Grausamen. Beim Wiederaufbau der Stadt wird diese in zwei Bezirke unterteilt. New Angeles, der Teil der Unterhaltungsindustrie, und Lost Angeles, das übriggebliebene Ghetto der einstigen Stadt der Engel. Das Leben in den beiden Städten unterscheidet sich grundlegend voneinander und doch sind sie sich sehr ähnlich. In Lost Angeles regieren die Unterweltbosse, die Kriminalität und die Hoffnungslosigkeit, weshalb viele Menschen resignieren und den gefährlichen Versuch wagen, sich nach New Angeles durchzuschleußen. New Angeles ist dagegen eine Stadt des Wohlstands, in der die Unterhaltungsindustrie den Ton angibt. Ruhigstellung der Massen durch eine Arena-Show mit dem Namen “Suiciders”. Hier kämpfen Gladiatoren wie im alten Rom gegeneinander auf Leben und Tod. Mittelpunkt der Geschichte sind zwei Männer, Saint und Straniero. Beide wurden für den Kampf geboren und beide verbindet ein gemeinsames Schicksal…

Grafische Aufmachung: 9/10
Dass Lee Bermejo neben der Autorenarbeit auch die Zeichnungen selbst in die Hand genommen hat, zeugt in der Theorie schon mal von Qualität. Und auch praktisch haben wir hier einen wundervoll gezeichneten Comic, der mit Detailgenauigkeit zu punkten weiß. Die Charaktere sehen alle richtig klasse aus und der düstere Stil erinnert leicht an Frank Millers “Sin City”. Bunt wird es hier kaum, man bewegt sich viel mehr zwischen Braun- und Blautönen hin und her und bekommt nur ab und an ein wenig rote Farbe serviert. Kritikwürdig ist dieser minimalistische Farbeinsatz jedoch nicht. Warum? Weil es passt wie Arsch auf Eimer! Die bedrückende Story dringt durch die grafische Ausarbeitung perfekt zum Leser durch und das sollte nicht zuletzt der Tatsache geschuldet sein, dass sich sowohl der Autor als auch der Zeichner auf derselben künstlerischen Wellenlänge befunden haben. (Ba dum tsss) Die Bilder haben jedenfalls richtig viel Freude bereitet!

Anspruch: 8,5/10
“Suiciders” möchte mehr als eine herkömmliche Comic-Geschichte sein. Es möchte eine Art Thriller mit Actionelementen sein. Es möchte eine Geschichte erzählen, die sich von Inhalten anderer Comics abhebt. Doch schafft es das Werk auch, sich ein Alleinstellungsmerkmal zu sichern? Meiner Meinung nach ist “Suiciders – Kampf ums Überleben” ein wirklich gelungenes Werk, das mich extrem an Filme wie “Die Klapperschlange” mit Kurt Russel oder “Mad Max” mit Mel Gibson erinnert hat. Lee Bermejo gefiel die Geschichte zweier Männer in Extremsituationen und er wollte durch die Suiciders-Kämpfe ein Mittel schaffen, um die Charaktere sprichwörtlich durch den Fleischwolf zu drehen – sowohl physisch als auch psychisch. Ich persönlich finde, der Mix aus zwei parallel zueinander laufenden – und auch wirklich parallel erzählten – Geschichten vor diesem post-apokalyptischen Hintergrund funktioniert wunderbar. Nach dem Lesen fiel mir spontan nichts ein, was ich mir anders gewünscht hätte oder was mir beim Lesen sauer aufgestoßen wäre. Trotzdem ist die Geschichte nicht neu und erinnert stark an Filme wie die oben beschriebenen. Fazit: Grundsolide mit ordentlicher Kür.

Gesamteindruck: 8,5/10
Ich habe mich im Vorfeld sehr auf das Werk gefreut, weil ich allgemein ein Fan von Bermejo bin. Ich mag seinen Zeichenstil und war von dem Augenblick an gespannt, an dem ich erfahren habe, dass er etwa zehn Jahre mit diesem Comic verbracht hat. Sicher, er hat nebenbei noch andere Projekte betreut, doch eine derart lange Begeisterung für ein Werk zeigt, dass der Künstler sein ganzes Herzblut in das Projekt gesteckt hat – und ich finde, man merkt das beim Lesen auch! Bermejo hat sich zuerst ein ausführliches Skript angefertigt und erst dann gezeichnet. Beim Zeichnen jedoch wurde hier und da wieder am Text gefeilt, weil Bilder einfach andere Dinge zum Ausdruck bringen können als kurze Sprechblasen. Diese ständige Selbstkorrektur sorgt beim Leser für ein Gefühl der Stimmigkeit. Oft hat man beim Lesen von Comics das Gefühl, gewisse Dinge passten nicht so richtig zueinander oder gar zum Kontext an sich. Bei “Suiciders” kam dieses Gefühl nie auf. Selbst die manchmal auf den ersten Blick verwirrenden Hintergrunderzählungen machen mit zunehmendem Lesen Sinn und wirken mit jeder Seite passender. Man begleitet zwei Kämpfer auf dem Weg von ganz unten nach ganz oben und umgekehrt. Beide haben mit eigenen Problemen zu kämpfen, doch im Grundsatz ähneln sie sich. Auch die Systeme der beiden Städte sind sich trotz ihrer gravierenden Unterschiede ähnlicher als man denkt. Kriminelle, die durch Angst regieren auf der einen Seite, Großkonzerne, die die Massen durch Brot und Spiele betäuben auf der anderen. Und genau hier lassen sich wunderbare Parallelen zur realen Welt ziehen. Demokratien scheinen nur noch den Begehren von Großkonzernen zu folgen, deren Führer in ihren Machenschaften kaum noch von Großkriminellen zu unterscheiden sind. Damit kommt “Suiciders – Kampf ums Überleben” mit einer Systemkritik um die Ecke, die zwar nicht bahnbrechend neu in ihrem Inhalt ist, jedoch immer wieder ins Gedächtnis gerufen werden sollte. Ich hatte auf jeden Fall viel Spaß beim Lesen und saß wie gebannt vor der Lektüre – hier jedoch ohne Lähmung!