Was macht einen Fan zu einem Fan? Ein Kommentar

In den einschlägigen Comicgruppen wird immer wieder darüber diskutiert, was einen richtigen Fan ausmacht. Insbesondere betroffen sind dabei “Marvel-Fans“, da hier durch das MCU eine deutlich breitere Öffentlichkeit angesprochen wird und damit auch viele Fans außerhalb der Comics in die Gruppen drängen. Dabei wird reinen Film-Fans oft der Vorwurf gemacht, keine Marvel-Fans zu sein, weil sie sich mit den Comics nicht auskennen. Die Film-Fans wiederum sehen sich mit ihrer Leidenschaft für das Medium durchaus als echte Fans, und so leidet die Diskussionskultur in den Gruppen mitunter enorm, weil sich die beiden Lager fortwährend kritisieren.

Dabei ist jedoch wie immer die korrekte Terminologie ausschlaggebend für den Gehalt der Aussagen. Wenn ich nur die Filme schaue, bin ich kein Marvel-Fan, sondern ein reiner Fan des Marvel Cinematic Universe. Wenn ich nur die Comics lese, bin ich ebenfalls kein Marvel-Fan, sondern ein Fan von Marvel Comics. Gleichsam verhält es sich natürlich auch mit DC und anderen Verlagen. Zumal gibt es so etwas wie einen richtigen Fan nicht. Jeder muss für sich entscheiden, welcher Teil des Angebots ihm am besten gefällt und wie intensiv er sich damit befassen möchte. Wenn Person A mehr Comics besitzt als Person B, ist sie deshalb per se noch kein größerer Fan, sondern im Zweifel einfach ein leidenschaftlicherer Sammler oder besitzt schlichtweg ein breiter gefächertes Interesse an verschiedenen Titeln als Person B.

Wir hätten nun also geklärt, dass es Film-Fans und Comic-Fans gibt und natürlich sehr viele, die sich für beides begeistern können. Hinzu kommen noch diejenigen, die über das Ziel hinausschießen und dem Geschäftsmodell aus reinem öffentlichen Hype dermaßen verfallen, dass sie jeden noch so minderwertigen Artikel kaufen, auf dem irgendetwas Marveleskes abgebildet ist. Diese Menschen gehören in ihrer Majorität den Film-Fans an und glauben, es mache sie zu größeren Fans, wenn alles zu Hause mit Marvel in Verbindung gebracht werden kann. Bei dieser Kategorie bin ich mir allerdings ziemlich sicher, dass sie irgendwann, wenn der MCU-Hype mal ein Ende nimmt, bereuen werden, dass sie sich kurzfristig ein schlecht gestochenes Marvel-Motiv unter die Haut haben stechen lassen. Denn hier fährt man offensichtlich mit dem Hype-Train durch die Gegend und hofft, dass einen möglichst viele dabei sehen, wie man aus dem Fenster winkt, während häufig die eigentliche intrinsisch motivierte Leidenschaft auf der Strecke bleibt.

Doch wie hat man sich als Fan zu verhalten? In erster Linie so, wie man sich generell zu verhalten hat, wenn man mit anderen Menschen kommuniziert: Respektvoll und höflich. Dass dies nicht immer funktioniert, ist natürlich klar und auch ich selbst bin mir bewusst, dass ich spezielle Kandidaten gerne auch mal mit provokanten Aussagen aus der Reserve locke und damit vermeintlich das Gebot des gegenseitigen Respekts ankratze. Viel schlimmer jedoch ist es, wenn Banalitäten in persönlichen Anfeindungen und Diffamierungen enden und nicht selten dazu führen, dass Diskutanten der Gruppe verwiesen werden müssen. Ebenso ist es erschreckend, wie häufig man homophobe, frauenfeindliche und rassistische Kommentare lesen muss, wenn es beispielsweise um die Rollenbesetzung in einem Film oder einem Comic geht. Deutlich wurde dies in letzter Zeit vor allem bei Black Panther, dem viele vorgeworfen hatten, sein finanzieller Erfolg sei einzig der Tatsache geschuldet, dass man aus falsch verstandener Toleranz ins Kino geht, um sich einen Film mit ausschließlich schwarzen Darstellern anzusehen und damit zu zeigen, was für ein “Gutmensch” man doch ist.

Dabei wird jedoch sträflich außer Acht gelassen, dass dieser Film, genauso wie Black Panthers Einführung in die Comicszene 1966 (Fantastic Four #52) eine enorme Bedeutung für die afroamerikanische Gemeinde hatte, die auch heute noch unter Diskriminierung zu leiden hat – nicht zuletzt auch im Filmgeschäft. Der Black Panther war der erste Superheld mit afrikanischen Wurzeln, der in den Mainstream-Comics eingeführt wurde und war damit ein erstes wichtiges Zeichen an die afroamerikanische Gemeinde, dass sie ebenso zum Superhelden taugen wie alle anderen. Dasselbe Phänomen haben wir heute mit der steigenden Islamfeindlichkeit und dem daraus resultierenden Signal der Verlage, stärker auch muslimische Helden einzuführen. Simon Baz und Jessica Cruz (DC) als neue Green Lanterns oder auch Kamala Khan als neue Miss Marvel stehen für eben dieses Signal gegen Intoleranz und Hass. Ebenso werden Frauen immer mehr in den Vordergrund gerückt und so wurden beispielsweise Jane Foster die neue Thor und Avril Kincaid zur neuen Quasar. Auch hier gab es viele Kommentare, die darin kein wichtiges Signal, sondern eine unnötige Änderung zu Gunsten der Political Correctness erkennen wollten, ohne sich in den meisten Fällen vorher mit den Comics befasst zu haben.

Am Ende spielt es also keine Rolle, ob man Film- oder Comic-Fan ist. Es geht darum, wie man sich anderen gegenüber verhält und für welche Werte man steht. Man kann meiner Meinung nach kein richtiger Fan sein, wenn man rassistisch, homophob oder frauenfeindlich ist, da es dem widerspricht, was Comics schon ewige Zeiten versuchen darzustellen: Ein positives Vorbild für das Miteinander zu sein. (Natürlich immer im Rahmen des jeweiligen Zeitgeistes) Und wer das nicht verstanden und verinnerlicht hat, darf sich meines Erachtens auch nicht als Fan bezeichnen.