Rezension zu Frostfeuer (Splitter)

Marcel Scharrenbroich hat es wieder getan: Eine Besprechung eines Comix für den Captain. Dieses Mal nimmt er sich der Buchadaption “Frostfeuer” aus dem Hause Splitter an und was ihn daran gerade zu dieser Jahreszeit so begeistert hat, schildert er im Folgenden.

(©Splitter)

Deutscher Titel: Frostfeuer
Verlag Deutschland: Splitter
Format: Hardcover
Sprache: Deutsch
Erscheinungsdatum: 01.09.2011
Autor(en): Kai Meyer, Yann Krehl
Zeichner: Marie Sann

Seiten: 48
Preis: 13,80 €
Leseprobe: Splitter
Bezug: Splitter


(©Splitter)

„Walking in a Winter Wonderland…“

Wie verbringt man am besten einen frostigen, vorweihnachtlichen, grauen Sonntagnachmittag? Schlafen? Fernsehen? Schlafen? Rausgeh… neee… doch lieber Schlafen? Ja… die Möglichkeiten scheinen unbegrenzt, aber ich verbringe ihn am liebsten so: Ein Heißgetränk meiner Wahl aufbrühen, die Couch mit Kissen und Decken befüllen, die Heizung aufdrehen (wahlweise kann man auch gerne Holz in den Kamin pfeffern oder einen Schuss Benzin in eine brennende Tonne spritzen), mit ausreichend Anlauf auf die Liegefläche springen und dabei ein gutes Buch im Anschlag. Noch besser: Eine fantastisch bebilderte Adaption eines guten Buches. Wenn es sich dann noch thematisch an die äußeren Bedingungen anpasst, hat man, wie ich an so einem besagten, kalten Sonntag, die absolut richtige Wahl getroffen und kann im Warmen gemütlich in die Geschichte eintauchen…
An diesem Tag zog ich die Graphic Novel „Frostfeuer“ aus dem Regal, welche auf dem gleichnamigen Roman von Kai Meyer basiert. Ich muss gestehen, dass mir die Vorlage, für die der Autor 2005 mit der „Corine“ in der Kategorie „Bestes Kinder- und Jugendbuch“ ausgezeichnet wurde, bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war. Gut… dies mag vielleicht an der Tatsache liegen, dass ich nicht „unbedingt“ zur Zielgruppe gehöre, da meine Jugend schon ein *hust* paar Tage *hust* zurück liegt und ich dem Alter für märchenhafte Stoffe ein weeeenig entwachsen bin… dachte ich. Eigentlich war es aber schlicht und einfach nicht auf meinem Radar, bzw. flog knapp dran vorbei. Aber besser spät, als nie… Tatsächlich lese ich nämlich sehr gerne mal außerhalb meiner Komfort-Zone und bin froh, auch manchmal der Zeichnungen wegen zum einen oder anderen Comic, oder zur Graphic Novel, gegriffen zu haben. Diese fielen mir nämlich bei „Frostfeuer“ zuerst ins Auge und stammen von der talentierten Künstlerin Marie Sann. Ihr Stil passt perfekt zur winterlichen Atmosphäre, die das verschneite St. Petersburg des späten 19. Jahrhunderts bereits nach den ersten Seiten auf den Leser überträgt. Gleichzeitig spürt man aber auch die Wärme in ihren Zeichnungen, was an den liebevollen und (größtenteils) sympathischen Charakteren liegt, die einem schnell ans Herz wachsen… ganz besonders „Maus“ möchte man schon nach kurzer Zeit in den tröstenden Arm nehmen und ihr bei ihrem mysteriösen Abenteuer schützend zur Seite stehen. Ja… wie man wahrscheinlich schon merkt, hat mich die Story schneller gepackt, als ich „Blitzeis“ sagen konnte und ich war mittendrin in der Welt von „Frostfeuer“ und konnte das Buch nicht aus den Händen legen, bevor ich mir sicher war, welches Schicksal die Protagonisten in diesem märchenhaften Abenteuer voller Wendungen ereilt…
So. Die letzte Seite gelesen. Buch zu. Den mittlerweile kalten Kakao exen. Heizung runterdrehen (wahlweise den Kamin mit einem Eimer Wasser löschen und im Fall der brennenden Tonne… Feuerwehr rufen). Schweiß von der Stirn wischen. Fenster auf und… durchatmen.
Wie war das nochmal? Zu alt für Märchen? Ich? Mir doch egal… wenn SOWAS dabei rauskommt, setz ich mir gern noch ein Krönchen auf und gröl am offenen Fenster „Let it gooooooo…!“.

Soviel erstmal zu meinem Erlebnisbericht. Den Teil mit der Heulerei, dem Seufzen und meinen akrobatischen Tanzeinlagen während des Lesens hab ich jetzt mal großzügig ausgelassen, um mir noch ein „bisschen“ Würde zu bewahren. Nach dem Abkühlen auf Zimmertemperatur möchte ich aber natürlich auch loswerden, um was es in „Frostfeuer“ überhaupt geht :
Wir schreiben das Jahr 1893. Aus dem eisigen Palast der mächtigen Schneekönigin, der Herrin des Nordlandes, wird ein Herzzapfen gestohlen. Ein Zapfen, der ihr Macht verleiht und mitsamt ihrem vereisten Herzen außerhalb ihres Körpers in einer Kammer aufbewahrt wird. Gestohlen von der mysteriösen Tamsin Spellwell, als Racheakt für den Tod ihres Vaters, der für einen ähnlichen Raubversuch durch die tyrannische Herrscherin sein Leben lassen musste.
Diese diebische Tat will die Schneekönigin nicht ungesühnt lassen und macht sich, begleitet von einem seltsamen, stummen Jungen und dem kältesten Winter, den die Hauptstadt des Zarenreichs, Sankt Petersburg, je gesehen hat auf den Weg, ihr Eigentum und Quell ihrer Macht zurück zu fordern.
Dieser Weg führt sie, ebenso wie die geheimnisvolle Tamsin Spellwell, ins Grandhotel Aurora. Dort lebt und arbeitet das junge Mädchen „Maus“. „Maus“ hatte bisher kein einfaches Dasein und hat das Hotel, in dem sie bereits geboren wurde, während ihres bisherigen Lebens nicht einmal verlassen. Sie putzt die Schuhe der Gäste und ist das „Mädchen für alles“… zumindest was die niederen Tätigkeiten angeht.
Als das bemitleidenswerte Mädchen bemerkt, dass die mysteriösen Neuankömmlinge im Aurora alles andere als gewöhnliche Gäste sind, steckt sie schon mittendrin in einem eiskalten Duell, dass alles verändern wird. Alle Fäden laufen hier zusammen und „Maus‘“ begrenzte Welt stellt sich schlagartig auf den Kopf…

Der Roman dieses abenteuerlichen Märchens voller Magie und toll geschriebenen Charakteren erschien als Hardcover-Ausgabe bereits im Jahr 2005 im Loewe Verlag. Im selben Jahr folgte die Hörbuch-Fassung, während das Taschenbuch 2008 im Heyne Verlag veröffentlicht wurde.
Zwischen 2011 und 2014 kam die Graphic Novel-Adaption, welche auf drei Alben aufgeteilt wurde in den Handel und umfasst die Bücher „Herzzapfen“, „Eisenstern“ und „Sieben Pforten“. Zeitgleich mit dem letzten Band erschien im Splitter Verlag auch eine Gesamtausgabe im Bookformat, der noch ein Making Of angefügt ist. Dies war auch die Ausgabe, die mein Interesse geweckt hat und mir ein paar zauberhafte und spannende Stunden bereitete. Autor Kai Meyer versteht es, seinen Charakteren Leben einzuhauchen und sie dem Leser nah zu bringen, während die fantastischen Zeichnungen von Illustratorin Marie Sann dem Geschriebenen das passende Gesicht verleihen.

Der 1969 in Lübeck geborene Schriftsteller, Drehbuchautor und Journalist Kai Meyer veröffentlichte sein erstes Buch mit dem Titel „Der Kreuzworträtsel-Mörder“ bereits im Jahr 1993, im jungen Alter von gerade einmal 24 Jahren. In diesem rekonstruierte er einen der bekanntesten Kriminalfälle der damaligen DDR der frühen 80er. Zuvor sammelte er Erfahrung beim Schreiben einiger Heft-Romane, u.a. „Jerry Cotton“. Den Durchbruch hatte der junge Autor im Jahr 1994 mit „Die Geisterseher“. Danach ging es Schlag auf Schlag und Meyer konnte auch internationale Erfolge feiern und veröffentlichte eine Reihe von Mehrteilern, wie die „Merle“-Trilogie. Kai Meyer blieb dem Phantastik-Genre treu und war mit den Roman-Reihen „Die Wellenläufer“, „Das Wolkenvolk“, „Die Sturmkönige“, „Arkadien“ und jüngst „Die Seiten der Welt“ auch ein gern gesehener Gast in den Spiegel-Bestsellerlisten. 2007 wurde sein Roman „Das Gelübde“ von Regisseur Dominik Graf verfilmt, der 2009 für den Grimme-Preis nominiert war. Neben der „Corine“ für „Frostfeuer“ kann der beliebte Autor auf eine ganze Reihe weiterer Auszeichnungen blicken. Sein gesamtes Werk umfasst mittlerweile mehr als 50 Romane, die weltweit in millionenfacher Auflage veröffentlicht werden… und das in 30 Sprachen. Aktuell stattet Kai Meyer dem Science-Fiction-Genre einen Besuch ab: „Die Krone der Sterne“ erscheint bei Fischer Tor und soll 2018 fortgesetzt werden.

Die freischaffende Künstlerin und Illustratorin Marie Sann wurde 1986 in Berlin geboren und konnte sich schon im Kindesalter für das Zeichnen begeistern und ließ sich vornehmlich von Disney-Charakteren inspirieren, bevor sie als Teenager durch „Sailor Moon“ mit der Manga-Welt in Berührung kam. Ihre Erfolge bei Zeichenwettbewerben lenkten schon bald die Aufmerksamkeit der Verlage auf die talentierte Künstlerin. Ihre erste Kurzgeschichte wurde in Kooperation mit Guido Neukamm in der Anthologie-Reihe „Manga Fieber“ abgedruckt, die 2005 bei Tokyopop veröffentlicht wurde. Da sich diese Zusammenarbeit als erfolgreich erwies, arbeiteten beide erneut für den Hamburger Verlag zusammen. Noch während ihres Abiturs erschien im Jahr 2006 der lesenswerte Manga „Sketchbook Berlin“. Zwischen 2009 und 2010 wurde ebenfalls bei Tokyopop der zweiteilige Fantasy-Manga „Krähen“ publiziert, der während ihrer Ausbildung zur Grafikdesignerin entstand. Direkt im Anschluss nahm die hübsche Zeichnerin, in Zusammenarbeit mit Texter Yann Krehl, die Arbeit an Kai Meyers Bestseller-Adaption „Frostfeuer“ auf. Momentan konzentriert sich Marie auf ihr Herzensprojekt „Kinky Karrot“, in dem sie ästhetische und aufwendige Pin-up-Zeichnungen anfertigt und diese auch vertreibt. Regelmäßig veröffentlicht die sympathische Berlinerin Videos auf ihrem YouTube-Kanal und ist natürlich auch in den gängigen sozialen Medien vertreten. Bereits Anfang 2018 soll ihre niedliche Cartoon-Reihe „Sputtlichkeiten“ ebenfalls wieder in den Fokus rücken. Auch dazu wird es wieder tolle Beiträge auf einem eigenen Kanal auf der Videoplattform geben. Ich bin mir sicher, dass wir von Marie Sann und ihren beiden Projekten, so unterschiedlich sie auch sein mögen, noch eine Menge hören und sehen werden…